Mitten in München erhält ein berühmtes denkmalgeschütztes Gebäude im Zuge der Umnutzung von der Gastronomie zum Architekturbüro seinen Glanz zurück. Zentrales Element: Eine skulpturale Spindeltreppe aus Stahl mit durchlaufendem Glasgeländer.
Es scheint, als würde sie tanzen. So leichtfüßig und elegant spindelt sich die Treppe im Foyer des Casinos rund 6 Meter hoch in das nächste Stockwerk. Dank ihrer gläsernen Optik verbindet sie dabei nicht nur zwei Etagen. Sondern auch das Working Café des Architekturbüros mit dem Besprechungsraum. Und gibt diesen wundervollen Blick frei nach draußen, in den italienischen Innenhof. „Um die Sichtachse vom Eingang über das Casino auf die üppig geschmückten Fassaden im Innenhof freizuhalten, haben wir uns für ein Geländer aus Glas entschieden“, so Gerhard Landau. Geschäftsführender Gesellschafter und Mitgründer des Architekturbüros Landau + Kindelbacher mit Sitz im Münchner Lenbach Palais. Der Rest der Treppe: 1500 kg purer Stahl. „Dieses Gewicht war die erste Challenge“.
Detaillierte Planung und millimetergenaue Einbringung
Für diese hohe punktuelle Last war eine neue Prüfstatik vom Erdgeschoss zum Keller erforderlich. Zudem musste für den Durchgang in den ersten Stock eine großflächige Betonbohrung durchgeführt werden. Der Durchmesser des Treppenlochs: rund 240 cm. All das in einem denkmalgeschützten Gebäude, das zwischen 1887 und 1890 gebaut wurde. „Jedes Detail musste präzise geplant werden“, so Landau. Und dann war da ja auch noch die Treppe an sich: Aufwändig in der Herstellung durch das steigend rund gebogene Glas. Und komplex in der millimetergenauen Montage – inklusive der Einbringung in ein bestehendes Gebäude. Dafür kam nur der Treppenbauer Spitzbart in Frage.
Fertigung und Montage an einem Stück
Bereits mehrere Projekte seines Architekturbüros wurden erfolgreich mit den Spitzbarts realisiert. „Die Planung und Ausführung war immer zu unserer vollsten Zufriedenheit.“ Und so wusste er von Anfang an, worin die zweite Challenge bestand: In dem Hineinschaffen der Treppe an einem Stück. Wie alle Treppen aus der Werkstatt des fränkischen Treppenbauers wurde auch diese Treppenskulptur aus Stahlfaltwerk am Stück gefertigt, geliefert – und mithilfe eines Krans und viel Fingerspitzengefühl behutsam durch den Haupteingang in das Gebäude „hineingedreht“. Der Aufwand hat sich gelohnt: Mit außergewöhnlicher St ( r ) ahlkraft erfüllt die Treppe in Materialität und Charakter eine repräsentative Funktion – und erlaubt dem Gebäude wieder seine ganzheitliche Wirkung zu entfalten.
Voller Durchblick für volle Wirkung.
Denn vor dem Umbau befand sich an der Stelle mit den neuen Räumlichkeiten die Großküche einer Gastronomie. „Der Raum war komplett verbaut“, erinnert sich Landau. Klar abgetrennt von den öffentlichen Räumen. Mit der Treppe wurde wieder eine Öffentlichkeit hergestellt: So erlaubt das geländerhohe geschwungene Glas von allen Seiten den vollen Durchblick durch die Treppe. Selbst von außen durch die Fenster hindurch ist der Blick frei. Dadurch erhält die Treppe neben ihrem skulpturalen auch einen kommunikativen Charakter. Und stellt eine stetige Verbindung zwischen den Menschen her, die sich dort austauschen, arbeiten und Projekte entwickeln.
Minimalismus in Perfektion
Vor allem aber ist die Treppe ein Blickfang und macht neugierig, auf das, was wohl kommt, wenn man ihr folgt? Und wie sie sich begehen lässt Stufe für Stufe, Stahl auf Stahl? „Hervorragend“, so Landau, „lässt sie sich gehen“. Dafür sorgen mit Holz verkleidete Stahlstufen sowie ein minimalistischer Handlauf. Deshalb ist diese Treppe für ihn auch eine moderne Treppe: mit reduzierten Details, maximaler Funktionalität. Und aus jedem Blickwinkel einzigartig.