Der Designer und Selfmademan Nils Holger Moormann steht für das „Neue Deutsche Design“: Reduzierte Formen, präzise Lösungen. Immer mit dem Blick aufs Detail. Seine zeitlosen Zeugen des Zeitgeistes zeigt er in denkmalgeschützten Stallungsräumen in Aschau.
Was diesen historischen Räumen fehlte war eine Treppe zur Erschließung des ersten Stocks. Die hat er jetzt. Aus Stahl. Vom Treppenbauer spitzbart treppen. Keine einfache Aufgabe, denn als Bedingung galt es, das Bauwerk als historisches Kulturgut zu erhalten. Und den hohen Anspruch von Nils Holger Moormann an eine Treppenlösung nach seinem Gusto zu erfüllen: bedeutsam, reduziert auf das Wesentliche und mit klarem Blick nach oben.
Herr Moormann, welche Bedingungen muss eine Treppe für Sie erfüllen, abgesehen davon, dass sie zwei Ebenen miteinander verbindet? Das Wichtigste ist, dass sie funktioniert, also wie man sie rauf und runter kommt. Ich persönlich würde das sogar hintenanstellen, wenn mir die Ästhetik gefällt. Das ist übrigens ähnlich wie beim Stuhldesign. Ein berühmter Designer hat mal gesagt, ein Stuhl sei für den Hintern gemacht und nicht für den Kopf. Ein anderer hat gesagt: „Ich habe noch nie schlecht auf einem Stuhl gesessen, der mir gut gefallen hat.“
Ich finde es schön, wenn ich eine Treppe habe, die mir persönlich etwas bedeutet. Dann gehe ich sie auch ganz anders und jeder Akt des Hoch- und Runtergehens ist etwas Besonderes. Also mir geht es z. B. wirklich mit dieser Treppe so, dass ich mich jedes Mal freue, weil es auch ein Ankommen ist, wenn man sich da rauf spiralisiert.
„Ich habe noch nie schlecht auf einem Stuhl gesessen, der mir gut gefallen hat.“
- Nils Holger MoormannHat Design etwas mit Leichtigkeit und Unbedarftheit zutun oder hält man sich einfach an die Regel „Die Form folgt der Funktion“? Und haben Sie diese schon einmal mit Ihrem Designteam gebrochen?
Design ist zunächst knallharte Arbeit, wie jeder andere Job auch, und wenn sie es ernst nehmen, eine langwierige Auseinandersetzung. Es gelingt uns nur ganz selten, wirklich etwas Neues zu schaffen. Letztendlich ist es eine Adaption, eine Zusammenfügung von verschiedenen Stilmitteln und diese in eine zeitgerechte Form zu bringen. Aber Regeln zu brechen, ist für uns eine der ganz großen Ansprüche. Gelingt nur super selten, aber es kann gelingen, und dann geht es auch weiter! Sonst würden wir uns immer nur zitieren und es würde niemals etwas Neues entstehen.
Sie haben Ihren ersten Metallstuhl entworfen, obwohl sie eigentlich Ihr Herz an das Holz verloren hatten. Haben Sie zu lange auf unserer Stahltreppe gesessen und dann Sehnsucht nach einem anderen Material bekommen?
Also entworfen hat ihn Harry Thaler, mit dem wir zusammenarbeiten. Aber Metall hat uns schon immer interessiert. Es gibt immer so Phasen, wo das rauf und runter geht. Wir haben vor zehn, 20 Jahren extrem viele Metallmöbel gemacht. Im Moment interessiert mich Metall, weil die Verarbeitung von Metall eine hohe Präzision hat. Holz ist Naturstoff, es wehrt sich, irgendwann ist halt das Holz Holz. Ein Metall kann ich, ich weiß das von der Technik, immer wieder in dasselbe Verhältnis biegen, ich weiß, wie ich damit umgehen kann. Es ist hoch komplex. Speziell bei dem Stuhl war das eine große Herausforderung, weil es unseres Wissens nach bis heute auch unwidersprochen der einzige Stuhl ist, der aus einer einzigen Fläche und durch nur einen Pressvorgang seine Stabilität erhält. Keine Nieten, kein Schweißen, ohne Zusatz, nur durch den Pressvorgang. Das ist dann eine „Möbelerfindung“, und dann hab ich’s, was mich jagt! Nicht stilistisch etwas neu zu machen, sondern Dinge neu zu entdecken. Deswegen mussten wir den Stuhl machen, ob wir wollten oder nicht.